Quelle: Schwetzinger Zeitung, 11. Februar 2011
Handball-Badenliga: Reilingen und Hockenheim sind beide beim nachbarschaftlichen Duell ihren Zuschauern noch etwas schuldig
Aus Kollegen werden heute Konkurrenten
Von unserem Mitarbeiter Mike Junker
Immer wieder begegnen sie sich auf den Handballfeldern der Region, kreuzen ihre Klingen auf Distanz von ihren jeweiligen Kommandoposten an den Auswechselzonen ihrer Mannschaften. So auch an diesem Freitagabend, wenn der TBG Reilingen den HSV Hockenheim zum wahrscheinlich vorerst letzten Badenliga-Derby empfängt. Doch Branko Dojcak, Trainer der Hausherren, und Haris Halilovic, Coach der Gäste, sind nicht nur sportliche Konkurrenten, sondern seit neun Jahren auch Arbeitskollegen.
Gemeinschaftlich fahren Jeden Morgen treffen sie sich an der Hockenheim/Schwetzinger Autobahnauffahrt und begeben sich als Fahrgemeinschaft zu ihrer Arbeitsstätte, einer Verpackungsfirma auf der Friesenheimer Insel zu Füßen des dortigen Deponieberges. Für unsere Zeitung war dies Grund genug, die beiden vor Ort aufzusuchen, und nach ihren Ausblicken für das anstehende Spiel unter eigentlich völlig ungleichen Vorzeichen zu befragen.
Denn während der TBG nach der herben Klatsche in Viernheim und den Siegen der Konkurrenz derzeit ganz locker als Abstiegskandidat Nummer 1 durchgeht, hat sich der HSV erst nach zuletzt vier Niederlagen in Serie - vielleicht nur vorläufig? - aus dem Titelrennen verabschiedet.
Optimistisch bleiben Der Gastgeber in Person seines Übungsleiters gibt sich trotzdem kämpferisch, vielleicht gar ein wenig optimistisch: "Auch wenn die Hockenheimer lange Erster waren, wollen wir trotzdem gewinnen. Sie sind im aktuellen Kalenderjahr genauso schlecht dran wie wir, aber sie haben halt schon mehr Punkte auf dem Konto. Diese Unsicherheit sollten wir versuchen zu nutzen."
Psychisch Präsenz zeigen Dojcak fügt noch an: "Es entspricht trotz der jetzt großen Enttäuschung nicht dem Charakter unserer Mannschaft, die berühmte Flinte ins Korn zu werfen", war der TBG-Coach sich nach dem verunglückten Auftritt in Viernheim sicher, dass sich seine Jungs bald wieder in besserer Verfassung präsentieren würden, also warum dann nicht schon heute Abend?
Allerdings müsse er trotz alledem erstmal abwarten, wie geknickt seine Leute nach der letzten Niederlage seien und hofft auf eine "psychisch starke" Präsenz. Auf seinen Neuzugang Daniel Müller hält er dabei große Stücke. "Er hilft uns, nur die anderen müssten ihn am Kreis etwas mehr finden und bedienen." Halilovic hat's vernommen und wird versuchen, sich und seine Leute entsprechend drauf einzustellen.
Selbstreinigung wirken lassen "Wir hatten eigentlich nicht erwartet, mit vier Niederlagen zu starten. Aber die Mannschaft ist so jung, da haben wir vor der Runde schon damit gerechnet, dass irgendwann ein Einbruch, ein Loch kommt." Aber ein wenig rätselt Halilovic schon: "Meine Mannschaft steht eigentlich gar nicht unter Druck. Womöglich hat das ganze Aufstiegsgerede nach der Vorrunde uns aus der Fassung gebracht. Jetzt müssen Selbstreinigungskräfte wirken. Da müssen wir erst mal schauen, abwarten. Es ist vielleicht genau der richtige Zeitpunkt, dass Reilingen kommt."
Auch von Funktionärsseite kommt Aufmunterung. HSV-Vorsitzender Gerhard Knopf ließ wissen, dass er eine Rückkehr in die Erfolgsspur erwartet. "Jetzt muss mal wieder Schluss mit lustig sein, Niederlagen gegen deutlich schlechter platzierte Vereine sollten nicht zur Gewohnheit werden."
Dass die Handballabteilung der Reilinger nach der gegebenen Ausgangskonstellation seinem Team wie Fallobst vor die Füße fallen wird oder es innerhalb seines Teams Einstellungsprobleme gäbe, glaubt Bosnier Halilovic kaum. "Derby ist Derby", predigt er einen alten Spruch und weiß: "In Reilingen ist immer etwas los. Da brauche ich niemanden zu motivieren oder irgendetwas klarmachen."
Solche Binsenweisheiten und Redewendungen hat Slowake Dojcak auch auf Lager: "Derbys haben ja bekanntlich ihre eigenen Gesetze, weshalb sich die Motivation vor so einem Aufeinandertreffen beinahe von selbst ergibt, obwohl wir von der Papierform her der klare Außenseiter sind."
Überhaupt, die leichte Unterstellung des Reporters, dass es ein aussichtsloses Unterfangen sei, den HSV stürzen zu wollen, konnte Dojcak so nicht stehen lassen - auch wegen der treuen TBG-Zuschauer, wolle sein Team alles geben. "Das sind wir ihnen schuldig." Dies dürfte aber auch für seine Gäste gelten, denen traditionell zu solch einem Anlass eine große Anhängerschar folgt.
"Es entspricht trotz der jetzt großen Enttäuschung nicht dem Charakter der Mannschaft, die berühmte Flinte ins Korn zu werfen"
Auf einen exakten Tipp wollte sich keiner der beiden festlegen. Sie beließen es bei Tendenzen. Dojcak herausfordernd lachend: "Wir gewinnen, ein Tor reicht!" - Halilovic kontert trocken: "Glaub' ich kaum!" In der anschließenden "After-Derby-Lounge" bis Mitternacht im Foyer werden sie das dann feststehende Ergebnis wohl fertig ausdiskutieren, denn am Montag geht's ja wieder gemeinsam zur Arbeit. ------------------------ Weitere Informationen TBG Reilingen - HSV Hockenheim (Freitag, 20 Uhr, Mannherz-Halle Reilingen) - anschließend After-Game-Lounge im Foyer bis Mitternacht
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